Wie schon bei der Aufnahme ist bei der Montage die Beteiligung der Akteure auch für den ethnologischen Erkenntnisprozeß äußerst wertvoll. Dies kann sowohl vor Ort geschehen als auch am Schneidetisch.
Es hat sich als sinnvoll erwiesen, die Dolmetscher oder andere Spezialisten an den Schneidetisch zu holen, um dort mit ihnen sowohl die Transkription der Tonereignisse als auch die Übersetzung zu überprüfen. Dabei ergeben sich neue Erkenntnisse hinsichtlich der Toninhalte. Die Arbeit am Schneidetisch, der Einblick in die Filmmontage geben Anregungen zu neuen Überlegungen sowohl hinsichtlich des Filmthemas als auch hinsichtlich dessen Darstellung im Film. Es kann vorkommen, daß der Ethnologe und die einheimischen Spezialisten ihre Gewichtungen unterschiedlich setzen, die Diskussion darüber kann außerordentlich fruchtbar sein.
Beim Film "Foutura" hat der einmonatige Besuch des Dolmetschers Binaté Kambou wichtige neue Erkenntnisse bezüglich der Bedeutung der Töpferei der Lobi erbracht. Erst der Einblick in die Möglichkeiten der Filmmontage ließen ihn erkennen, wie das Interview mit der Töpferin eingesetzt werden kann. Die dann folgende genauere Übersetzung des Interviews ermöglichte die Integration neuer inhaltlicher Elemente in den Film. Diese Erfahrungen konnten auch bei einem anderen Projekt gemacht werden. Beim Film "Tiwah" von Hanno Kampffmeyer und Sri Kuhnt-Saptewedo handelt es sich um eine ausführliche visuelle Dokumentation einer Sekundärbestattung bei den Ngadju-Dajak. Während der Bearbeitung des Films wurden zwei der im Film auftretenden Dajak-Priester nach Deutschland eingeladen. Sie konnten einerseits die Übersetzung der Sakraltexte überprüfen, andererseits wesentliche Ratschläge hinsichtlich möglicher Kürzungen geben. Gerade diese Diskussionen über mögliche Kürzungen lieferten den Autoren neue Erkenntnisse über die Bedeutung einzelner Teile des Rituals.
Die Vorführung der Filme hat für die Gefilmten auch eine sehr private Seite. Pamela Klassen hat in Video-Interviews die Lebensgeschichten von russischen Mennonitinnen, die während des 2. Weltkrieges nach Canada geflohen waren, erforscht. Später zeigte sie ihnen den Grobschnitt des Video, das die Erinnerungen wieder lebendig werden ließ:
"The memories would have been there anyway, but as I sat with her that afternoon, I struggled to understand what I was to her, and what my responability was in the face of her grief. While watching herself on the screen, Katja was involved in an encounter with herself in which I had no part. We were no longer in conversation; the video forced self-reflection upon her." (Klassen 1993:41)
Solche Diskussionen können auch vor Ort geführt
werden, indem man z.B. den Rohschnitt eines Films auf Video transferiert. Der
Vorteil liegt darin, daß wesentlich mehr Leute an der Diskussion über
die Montage teilnehmen können. Hier ist unser Vorgehen mit dem von Timothy
Asch und Linda Connor vergleichbar ( Vergl.
Connor 1988:106) . Zu bedenken ist, daß
hierbei wegen des fehlenden Einblicks in die Möglichkeiten der Filmmontage
gewisse Aspekte der Filmmanipulation für die einheimische Bevölkerung
nicht erkennbar sind.
» Siehe auch: Kooperation vor Ort