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Kooperation vor Ort

Von entscheidender Bedeutung für die Vorbereitung eines Filmprojektes ist die Zusammenarbeit mit den Akteuren des Films (Vergl. Asch 1988:7) . Hierin unterscheidet sich ein ethnologisches Filmprojekt gravierend von einer "reinen" Feldforschung.

Die Herstellung eines Films ist ein konkret faßbares Ziel, mit dem sich auch die Akteure des Films identifizieren können. Haben die Akteure einmal einem Filmprojekt zugestimmt, so liegt es meistens in ihrem Interesse, dieses erfolgreich durchzuführen. Dabei spielt das Medium Film an sich eine grundlegende Rolle, liegt doch den meisten Menschen die audiovisuelle Kommunikation näher als die schriftliche. Die Akteure können sich von Beginn an das gemeinsame Ziel besser vorstellen und somit auch ihre eigenen Vorstellungen bezüglich der zu behandelnden Themen besser vermitteln.
Für den Ethnologen, der sich durch seine Voruntersuchungen ein Bild von der jeweiligen Gesellschaft gemacht hat und mit dem Film bestimmte Ziele verfolgt, ist dieses Engagement der Akteure von besonderem Interesse. Die gemeinsame Vorbereitung eines Filmprojektes, das Diskutieren mit den zu Filmenden über Drehort, Drehabfolge, Inhalte und Akteure vermitteln ihm vollkommen neue Informationen über die ihm eigentlich schon bekannte Kultur

"A mon avis, le film est un outil fantastique, la seule manière de partager l'anthropologie, c'est-à-dire de travailler complètement avec des gens, et ça va de plus en plus loin." (Rouch in Garlinski 1991:273)

Je nach Disposition des Ethnologen/Filmemachers, je nach deren Offenheit bezüglich des Filmkonzeptes, liegt hier eine große Chance, viel über die Filminhalte selbst wie auch die Perspektiven der einheimischen Bevölkerung, deren Wahrnehmungen und Bewertungen zu erfahren. In gewisser Weise stellt schon die Vorbereitungsphase eine Herausforderung hinsichtlich der Autorität des Ethnologen dar. Dieses Spannungsfeld bleibt während der ganzen Filmarbeit erhalten und wird für beide Seiten um so fruchtbarer, je flexibler gehandelt wird.

Innerhalb des Mexiko-Projekts von Beate Engelbrecht und Manfred Krüger waren es vor allem die Filme mit religiöser Thematik, bei denen die Bevölkerung in steigendem Maße mitarbeitete. Von besonderer Bedeutung war dabei die lange Aufenthaltszeit vor Ort, denn so konnte sich eine intensive Zusammenarbeit entwickeln. Es fanden mehrere Vorgespräche mit den Akteuren statt, die uns einerseits ein besseres Verständnis für die kommenden Ereignisse vermittelten, die andererseits auch dazu führten, daß die Akteure selbst über ihre Rituale nachdachten, wollten sie sie doch so traditionell wie möglich gestalten. Dabei zeigte sich bezüglich der Gestaltung der Rituale eine eindeutige Kluft zwischen den Vorstellungen der Bevölkerung und denen des katholischen Priesters. In den Diskussionen über die zu drehenden Filme wurde die Variabilität der Gestaltung von Ritualen deutlich.

Wesentlich ist, daß die Vorgespräche mit den Akteuren auch zu klaren Vereinbarungen führen, daß von Anfang an klar ist, welches die Ziele eines Projektes sind und wer daran in welcher Weise beteiligt sein wird.

"That trust consitutes an unwritten contract, which brings certain obligations and ethical considerations into play ..." ( Asch 1992:196)


Dieser offene Umgang ermöglicht einen intensiven Gedankenaustausch und Engagement der Akteure bezüglich der Filmgestaltung. Dazu gehört, daß der Wissenschaftler/Filmemacher sich grundsätzlich so verhält, daß die gefilmte Bevölkerung weder während der Aufnahmen noch nach Veröffentlichung des Films Schaden erleidet
(Vergl. Asch 1992:197, 201-202) . Peter Loizos (1993:48) spricht hier von einem "negotiated trust"-Modell, das zwischen dem Filmen ohne Beteiligung der Gefilmten und der vollkommenen Unterordnung des Filmemachers hinsichtlich der Wünsche der Gefilmten liegt.

» Siehe auch: Beteiligung der Akteure  

» Siehe auch: Recht und Ethik  

Literatur: Asch 1992